Interview mit Propst Goesche im Vatican-Magazin

Titelseite des MagazinsDas Interview erschien in Ausgabe 3/2009.

Die Fragen stellte Guido Horst

Sind die Mitglieder der Bruderschaft Pius X. alle so wie Bischof Richard Williamson?

Nein, das ist ja das Schlimme. Williamson ist sicher eine sehr schrille Ausnahme. Als er 1988 zum Bischof geweiht wurde, haben sich viele gefragt, wie Erzbischof Lefebvre nur auf ihn kommen konnte. Williamson ist auch davor schon aufgefallen. Er hat versucht, ins „Brompton Oratory" in London einzutreten und ist da etwa vierzehn Tage geblieben, weil sie gleich den Eindruck hatten, daß er doch sehr merkwürdig ist.

Trotzdem hört man, daß in Teilen der Pius-Bruderschaft, vor allem in Frankreich, eine extrem rechte, teilweise auch antisemitische Tendenz vorherrschend ist. Können Sie das bestätigen?

Ich kenne den deutschen Teil wesentlich besser, auch wenn ich von Frankreich immer wieder gehört habe. Die Leute werden immer ein bisschen so, wie man sie macht. In Frankreich ist das Konservative, das Traditionelle auf der einen Seite und das Rechte, vielleicht manchmal sogar Antisemitische wie so ein Kuchen zusammen gebacken, obwohl das ja gar nicht zusammen gehört.

Wie kann man sich denn die Welt der Lefebvrianer vorstellen? Es gibt die Priester der Pius-Bruderschaft, aber auch Hunderttausende von Gläubigen. Folgen zum Beispiel diese Gläubigen in allen Dingen den Priestern der Bruderschaft?

Bei diesen Menschen ist das Ganze aus einer unheimlichen Enttäuschung erwachsen. Da sind diejenigen zusammengekommen, denen das, was sie von Kind an heilig gehalten und lieb gewonnen hatten, was sie durch den Papst und die Kirche geschützt sahen, auf einmal zu entgleiten drohte. Zum Teil in ganz praktischen Fragen: Daß die Pfarrkirchen umgebaut, weißgetüncht und sonst wie entstellt wurden. Daß die Liturgie oft brutal verändert wurde. Und viele hatten auch den Eindruck, daß die eigenen Hirten - vom Kaplan bis möglicherweise zum Bischof und Erzbischof - einfach nicht mehr zuhörten oder für einen nicht mehr da waren. Gerade in Frankreich sind in dieser Zeit auch viele Werte zerstört worden. Die Kirche war sehr arm, aber fähig, die
Dinge, die die Leute zusammengekratzt und dann gespendet hatten, zu bewahren. Jetzt wurde auf einmal vieles nicht mehr gepflegt und verfiel. Deshalb herrscht da viel Bitterkeit, gerade auch bei der ersten Generation der Pius-Bruderschaft. Die haben diese Bitterkeit zum Teil weitergegeben - an die Kinder, Novizen oder die jungen Priester, ohne daß diese aus eigenem Erleben die Situation der sechziger, siebziger Jahre überhaupt kennen.

Es fällt schon auf, daß in bisherigen Äußerungen, vor allen Dingen der Bischöfe oder Distrikt-Oberen der Pius-Bruderschaft, sehr hochmütige Töne zu hören waren, so nach dem Motto: „Wir bekehren Rom". Was ist das für ein Geist? Ist das Folge eine Schismas, daß man dann ein wenig den Maßstab verliert, auch was die Art und Weise angeht, wie man sich über Kirche und Papst äußert?

Ich glaube, daß die Pius-Bruderschaft in vielerlei Hinsicht ein modernes Phänomen ist. Man findet dort den gleichen Mangel an Ausgewogenheit, an Differenziertheit der Äußerungen, wie man ihn auch bei der „Kirche von unten" findet.

Ab jetzt steht die Pius-Bruderschaft unter größter Beobachtung. Halten die das überhaupt durch? Das sind doch teilweise sehr junge Menschen...

Das ist sowieso die Frage. Es ist ja ein Problem, den rechten Maßstab zu finden zwischen einem hohen Gut wie der Liturgie, das man bewahrt hat und bewahrt, und der Tatsache, daß man eine kleine Gruppe in der Kirche ist. Da muß man zutiefst überzeugt sein, daß man nicht selber die Kirche rettet, sondern daß es die Kirche ist, die einen rettet. Da stelle ich mir viele Fragen. Ob sie etwa dieser Herausforderung gerecht werden, für die Kirche, für den Papst, für die Überlieferung und all ihre Schätze in einer demütigen, würdigen Art und Weise einzutreten. Meine Sorge ist, daß man genauso reagiert, wie diejenigen agiert haben, die jahrelang auf einen drauf geschlagen haben oder sich vielleicht jetzt noch ausgesprochen unfreundlich und abweisend äußern.

Was passiert, wenn Lefebvrianer sich mit der Kirche aussöhnen sollten? Das hat es ja zum Teil schon gegeben, bei einzelnen Abteien oder Klostergemeinschaften. Sie selber sind diesen Weg gegangen, Sie haben auch die Einheit mit Rom gesucht. Ändert sich dann der Geist? Kann man das irgendwie beschreiben, was passiert, wenn Anhänger Lefebvres nach Jahren wieder die Gemeinschaft mit dem Papst und Rom gesucht haben?

Da sind zum Beispiel die traditionellen Priester in Brasilien, die jetzt sogar einen eigenen Bischof haben. Sie galten als besonders Rom-feindlich, in gewisser Hinsicht härter als die Pius-Bruderschaft. Das ist seit der Versöhnung mit Rom vollkommen verschwunden. Oder die Redemptoristen in Schottland auf ihrer Insel. Da war das genauso und ist seit der Versöhnung mit Rom offenbar wie weggeblasen, wenn nicht sogar ins Gegenteil verkehrt. Das heißt also, wenn man diesen Kreisen entgegen kommt, kann man unter Umständen sehr gute Verbündete finden. Man muß allerdings darauf achten, daß das Misstrauen, das in Jahrzehnten gewachsen ist, endgültig überwunden wird.

Auf der einen Seite eine gewachsene Ablehnung der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Aber dann gibt es sicherlich auch Kräfte, die die Einheit mit dem Papst in jedem Fall wollen. Rechnen sie mit einer Spaltung der Bruderschaft oder des Kreises derer, die man Lefebvrianer nennt?

Ich habe eigentlich immer damit gerechnet, daß irgendwann eine Klärung kommt, die sich vielleicht in einer Spaltung niederschlägt. Es kann ja auch sein, daß man die Dinge tatsächlich noch einmal mit Wohlwollen durchdenkt und daß so eine mögliche Abspaltung doch sehr gering bleibt. Vielleicht ist die Chance einer Umkehr, einer Erneuerung des Herzens und Geistes doch größer als wir denken. Der Papst hat da größere Möglichkeiten eröffnet, als ich das selbst noch vor ein paar Wochen für möglich gehalten hätte.


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